1. Dezember 2023

Wir stehen alle unter Strom – und zwar buchstäblich! Denn unsere Gesellschaft ist quer durch alle Lebensbereiche abhängig von einer schnellen und problemlos funktionierenden Energieversorgung. Wie enorm wichtig die Versorgung mit Strom, Öl, Gas, Kohle und allen zur Verfügung stehenden erneuerbaren Energiequellen ist, das wurde uns nicht zuletzt durch den verbrecherischen russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und die daraus resultierenden Engpässe in der Energieversorgung drastisch vor Augen geführt.
 
Unsere Abhängigkeit von Energielieferungen aus dem Ausland und dort aus oftmals autoritären Staaten ist seit Jahrzehnten immer wieder ein Thema. Ich erinnere mich noch sehr gut an die Ölkrise in den 1970er Jahren. Schon damals wurde uns deutlich vor Augen geführt, dass Deutschland als Land ohne nennenswerte Bodenschätze abhängig ist von der Energie, die in anderen Ländern gefördert und/oder produziert wird. 
 
Es war daher mehr als naheliegend, dass sich unser Land um eine autarke und zuverlässige Versorgung mit Energie bemüht. Und die stand ja auch zur Verfügung: Der Bau von Kernkraftwerken sorgte dafür, dass Deutschland auf Jahrzehnte hinaus seine Energieversorgung stabilisieren konnte. Das war wichtig für jeden Einzelnen, aber auch für die heimische Wirtschaft, die sich auf stabile Preise und Versorgungssicherheit verlassen konnte.
 
Kernkraft
 
Dass Kernkraft eine vergleichsweise preiswerte und zudem auch umweltverträgliche Energiequelle ist, wissen längst auch AKW-Gegner, die seit den 1980er-Jahren auch politisch an Bedeutung gewonnen haben. Die Grünen profitierten von dieser Bewegung und haben zugegebenermaßen mit ihrem Einsatz für erneuerbare Energien die Diskussion belebt. Ihre totale Ablehnung von Kernkraftwerken kann ich aber nicht nachvollziehen. Sie ist auch falsch und schadet unserer Volkswirtschaft erheblich. Kernkraftwerke in Deutschland waren immer die Sichersten in der Welt, dafür sorgte die sprichwörtliche „deutsche Gründlichkeit“, gepaart mit außergewöhnlichen Ingenieursleistungen. Zweifelsohne war nach Tschernobyl und Fukushima die Politik gefordert. Ein zunächst mittelfristig vorgesehener und sorgfältig geplanter Ausstieg aus der Kernkraft war die richtige Entscheidung. Der nach Fukushima vollzogene schnellstmögliche Ausstieg aus der Kernenergie war eine krasse Fehlentscheidung. Dass Kernkraft inzwischen auch von AKW-Skeptikern als CO2-neutral und sauber anerkannt wird verwundert fast schon, angesichts ihrer Kompromisslosigkeit in Sachen Kernenergie. Dass sie alles dafür getan haben, die wenigen noch verbliebenen und auf höchstem technischem Standard funktionierenden Kernkraftwerke abzuschalten, ist allerdings eine fatale Fehlentwicklung und kein Beitrag zum Klimaschutz. Dies wird noch erhebliche langfristige Folgen für unsere Wirtschaft haben – und die sind nicht positiv. 

KKW Gundremmingen
 
Das stillgelegte Kernkraftwerk Gundremmingen war zuletzt mit einer elektrischen Bruttoleistung von 1344 MW (Block C) das leistungsstärkste Kernkraftwerk in Deutschland und das letzte deutsche Kernkraftwerk, das noch mehr als einen Reaktor in Betrieb hatte. Block B wurde am 31. Dezember 2017 abgeschaltet; Block C folgte am 31. Dezember 2021.
 
Mit der im Block C produzierten Leistung konnten rund drei Millionen Privathaushalte oder ein Ballungsraum wie München inklusive Industrie, Gewerbe und Verkehrsmitteln verlässlich mit Strom versorgt werden. Die gesamte, am Standort Gundremmingen in 37 Betriebsjahren erzeugte Energiemenge beläuft sich auf etwa 709 Terrawattstunden. Damit ließe sich der jährliche Gesamtstromverbrauch in Bayern für fast 10 Jahre abdecken. Seit der Inbetriebnahme war die Anlage zu rund 90 % der Zeit verfügbar. 
 
Gaskraftwerk Leipheim
 
Mit dem Wegfall dieser sicheren Energiequelle war und ist es auch für die politisch Verantwortlichen in unserer Region wichtig, mehrere neue „Standbeine“ zu schaffen. So ist eine nachhaltige und zuverlässige Versorgung mit Energie vor Ort sichergestellt worden. Das 300-Megawatt-Gasturbinenkraftwerk auf dem Gelände von AREALpro in Leipheim, welches im August 2023 in Betrieb genommen wurde, ist ein wichtiger Meilenstein für eine zukunftsweisende und sinnvolle Energiepolitik. Diese Anlage ist erst der Anfang: Geplant ist bereits eine zweite Kraftwerksanlage. Diese soll künftig mit nachhaltig produziertem Wasserstoff betrieben werden. Der Bau des neuen Gaskraftwerks Leipheim und der zugehörigen Schaltanlage ist in einer Rekordzeit von weniger als 24 Monaten gelungen. Ich habe mich frühzeitig für den Bau derartiger Kraftwerke in unserem Landkreis verwandt, wobei die Standortfrage lange Zeit offen war. Es gab erfreulicherweise bei uns mehrere Möglichkeiten ein derartiges Kraftwerk zu errichten.
 
Erneuerbare Energien
 
Es war und ist keineswegs dem Zeitgeist geschuldet, regenerative Energieformen zu entwickeln und zu unterstützen. Ein verantwortungsvoller Umgang mit den natürlichen Ressourcen ist wichtiger denn je. Ohne regenerative Energiequellen wird der Wirtschaftsstandort Deutschland künftig keine Chance haben. Gut, dass hier im Landkreis Günzburg in den vergangenen Jahrzehnten die Weichen für eine zukunftsweisende und zuverlässige Energieversorgung richtig und nachhaltig gestellt wurden. 
 
Es freut mich besonders, dass wir als Landkreis mit einem hohen Erholungswert und viel Natur eine Vorreiterrolle einnehmen und regenerativen Naturstrom aus Solar- und Biogasanlagen sowie Wind- und Wasserkraftwerken in hohem Anteil gewinnen.
 
Mit fast 510.000 Megawattstunden pro Jahr (Stand 2021) beträgt der Anteil des im Landkreis Günzburg verbrauchten Stroms (rund 685.000 Megawattstunden pro Jahr), der aus erneuerbaren Energien erzeugt wird, am gesamten Stromverbrauch fast 75 %. Deutschlandweit liegt dieser Anteil bei ca. 42 %, bayernweit bei ca. 50 %.
 
Die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien teilt sich folgendermaßen auf:
  • Wasserkraft: 171.796 MWh 
  • Photovoltaik: 198.647 MWh 
  • Biomasse: 124.570 MWh
  • Windenergie: 13.600 MWh
Die Bundesregierung hat beschlossen, als Energiequelle für die Verstromung bis zum Jahr 2025 40 bis 45 % aus erneuerbaren Energien zu nutzen. Bis 2030 soll dieser Anteil auf 80 % steigen. Der Landkreis Günzburg erfüllt die Vorgabe bereits jetzt und ist auf gutem Weg, die Zielmarke für 2030 bald zu erreichen.